Wenn Männer den Häuptling heraushängen

Leserbrief zu „Die Landesmutter flucht auf Romanisch“ BZ. 3. 5., S. 3
„Wenn Männer den Häuptling heraushängen“

Die Bundespräsidentin in Fraubrunnen – aus Frauensicht

Was mich als Frau am meisten beeindruckte, war Frau Widmer- Schlumpfs Aussage, bei internationalen Treffen , bei denen es um sehr komplexe Angelegenheiten (z.B. Steuerabkommen) ginge, und Männer erst mal „den Häuptling heraushängen“, bleibe man am besten einfach cool und warte, bis sie herunterkommen. Welch guter Tip für die zahlreich anwesenden Frauen! Schade erhielt ich diesen Tip nicht früher; in meiner langen juristischen Odysse machte ich ebenfalls die Erfahrung, dass es besser ist, bei machomässigen Angriffen nicht sofort emotional zu kontern –  allmählich ging ich dazu über, Männer, die sich so als Gockel aufplustern müssen, innerlich erstmal ein bisschen zu bemitleiden statt sofort heftig auf die Provokation zu reagieren.

Amüsant ist folgendes : Urs Gasche, der den Abend souverän moderierte, hat vielleicht auch ein bisschen den Häuptling heraugehängt, als er 1996 als Amtsverweser (Stellvertreter des Statthalters) über meine Beschwerde gegen den Obhutsentzug entscheiden musste – ich kann mir gut vorstellen, dass schon der Absender „Anwältinnenbüro“ eine Provokation war, das könnte schlicht den blanken Geschlechterkampf aktiviert haben. Heute finde ich die Idee eines Anwältinnenbüros, das Männer nur als Sekretäre anstellt, selbst zu einseitig.

Immerhin liess Gasche mich eine Frage betreffend Enscheid der Immunitätskommission des Nationalrats (den ich gut finde) stellen – ist doch erstaulich, dass ein Politiker, der es einst richtig fand, das man mir meine Kinder wegnahm, mich nun öffentlich mit Respekt behandelt.

Mit  grossem Respekt behandelte er auch die Bundespräsidentin und erwähnte ihre legendären Dossierkenntisse, die ihm schon in der Finanzdirektorenkonferenz aufgefallen seien. Dass die beiden betreffend Oeko-Steuer nicht derselben Meinung sind, beeinträchtigt diesen Respekt nicht.

Die Bundespräsidentin sieht zwischen den Kantonen Graubünden und Bern Aehnlichkeiten, denn in beiden spiele der Tourismus in den Bergregionen eine wichtige Rolle. Sie erwähnte auch den ersten Sieg eines Kantonsreferendums im Jahr 2004 (ich nehme an, sie bezieht sich auf das Steuerpaket, das wegen des Kantonsreferendums abgeleht wurde). In Bundesbern sei ihr aber aufgefallen, dass die Medien viel aggressiver seien.

Zu ihrer Selbstkritik, im Justizdepartement sei ihre Hüte-Lizenz für Grossmütter nicht die beste Idee gewesen – ich erinnere mich an die breite mediale Verhöhnung – auch durch Hermann Lei, der ja kürzlich im Bundeshaus wegen seiner leidlichen Rolle im Fall Hildebrand antraben musste. Ich fand die Idee gar nicht absurd: schon im alten Testament kommt es vor, dass Frauen einander die Kinder stehlen und auch im Tierreich stehlen Weibchen Junge, wenn sich eine Möglichkeit ergibt.

In Entwicklungsländern spricht man nach Naturkatastrophen oder Kriegen von „human trafficking“- Kinder werden von Verwandten geschnappt, im schlimsten Fall werden junge Mädchen der Sexindustrie zugeführt – es passieren Dinge, die in normalen Zeiten unmöglich wären. So verhält es sich auch in der erweiterten Familie: kommt es zu einer Scheidung der Eltern, können Dinge passieren, die sonst nicht möglich wären und die weiblichen Verwandten, die sich an den Kindern bedienen, agieren meist im Hintergrund – auch bei Kindsentführungen ins Ausland durch ausländische Kindsväter werden die gekidnappten Kinder im Ausland meist durch die Grossmütter betreut.  Vielleicht wäre die Vorlage auf mehr Verständnis gestossen, wenn erwähnt worden wäre, es gehe darum, Missbräuchen in Scheidungssituationen oder anderen schwierigen familiären Familienkonstellationen vorzubeugen.

Einen weiteren Ausdruck sollte man sich merken: Frau Widmer-Schlumpf bezeichnet die Finanzkrise als Staatsschuldenkrise. Auf eine Publikumsfrage  betreffend  einen hässigen Leserbrielf  zum IWF-Kredit antwortet die Bundespräsidentin, das sei eine höchst komplexe Angelegenheit (als Finanzbanause verstand ich ihre Erklärung nicht ) oft fehle die Möglichkeit , alles genau zu erklären, die direkte Demokratie sei eben anforderungsreich – wie recht sie hat:in meinem Fall wäre alles anders verlaufen,  wenn ich rechtzeitig die Möglichleit erhalten hätte, die ganze komplexe Wahrheit auszubreiten und wenn Behörden und die bernischen Medien nicht zensiert hätten. Zu Macht vor Recht kam es in meinem Clan, weil Nachbar Herrmann Weyeneth den Häuptlichg heraushängte (er hatte ja schon immer den Uebernamen Winnetou!) – er ist auf die Show meiner Schwester hereingefallen – es spricht für Frau Widmer-Schlumpf , dass sie nicht auf die lange Bewerbung meiner Schwester hereingefallen ist, in der die ehemalige einflussreiche SVP-Politikerin sich als Mediatorin zwischen den Abtrünnigen und der alten SVP anpries, und sie nicht als Mitarbeiterin anstellte.

Völlig unspektakulär antwortet die Bundespräsidentin  auf die Frage nach ihrem Ausgleich: sie gehe zum Beispiel mit ihrem Sohn in ein Konzert- oder fahre mit dem Zug nach Luzern, um ihren Enkel eine Stunde lang zu halten. Dies finde ich sehr sympathisch: die familiären Bande haben bei der Mächtigen einen grossen Stellenwert – andererseits macht es mich auch traurig, denn meine familiären Bande wurden brutal zerschnitten.

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