Jul 10

Die Gefahr in den Köpfen

Leserbrief zu „Die Gefahr in den Köpfen“ v. Lorenz Kummer, v.  7. 7.07 der Bund, S 2

Terror-Aerzte

Mich erstaunt es überhaupt nicht, dass sich Aerzte als Terroristen rekrutieren lassen. Das ist keineswegs eine neue Erscheinung. Aerzte waren schon immer die besten Gehilfen politischer Extremisten und haben diesen jeweils bei der Ausrottung des Feindes assistiert. Ein Arzt hat die Guillotine entwickelt. Auch die Endlösung der Judenfrage wurde an Aerzte delegiert. In wissenschaftlicher Manier  wurde 1939 an der Wannseekonferenz die von Aerzten ausgeheckte Vergasung als effizienteste Methode der Judenentsorgung vorgestellt und gutgeheissen. Es ist kein Zufall, dass überdurchschnittlich viele Hebammen als Hexen verfolgt wurden, denn die waren schlicht eine Konkurrenz für die Aerzte. Hinter dem Justizmord an der letzten Schweizer Hexe Anna Göldi steckte eine Arzt,dessen Ehre es zu retten galt. Noch im 20. Jahrhundert half in Lüthiwil im Emmental ein Arzt bei der Vertuschung eines Mordes. Die psychiatrische Entsorgung politischer Dissidenten hat vor allem in sozialistischen Diktaturen Tradition. Aber die Psychiatrie lässt sich auch bei uns immer wieder zur Entsorgung instrumentalisieren. In der „Aktion Kinder der Landstrasse“ wurden viele jenischen Kinder psychiatrisiert. Der Psychiater und Sterbehelfer Peter Baumann wurde zum Glück kürzlich verurteilt. Allzuoft profitieren neben den AnwältInnen auch Psychiatrie und Pharmaindustrie von Scheidungen,denn psychiatrische Entsorgung löst oft Unterhaltsprobleme, nicht selten liegt sogar eine christlich-fundamentalistische Gesinnung zugrunde. Mächtige geschiedene Männer können teure Exfrauen psyschiatrisch entsorgen, die modernen bösen Stiefmütter/väter brauchen Hänsel und Gretel nicht mehr im Wald auszusetzen, sondern können ihnen eine Psycho-IV-Rente schmackhaft machen.

Jul 25

rat race

Leserbrief zu «Ungeschlagen angeschlagen» vom 25.07.05

Zurecht beschreibt Lance Armstrong die Tour de France als Metapher für das Leben. Man könnte sie auch als «rat race» bezeichnen, ein Ausdruck, der oft stellvertretend für die Leistungs- und Konkurrenzgesellschaft gebraucht wird. Mich nervt Floyd Landis’ Kritik an seinem «Ziehvater», dem er viel zu verdanken hat (Lance hatte ihm z. B. die Lektion erteilt, dass bei jedem Wetter trainiert wird). Der argwöhnische Ton in der europäischen Presse und die ewigen Dopinggerüchte weisen darauf hin, dass Lance Armstrong für die europäischen Radrennfahrer der amerikanische Albtraum war.

Wenn seine athletische Ueberlegenheit einzig auf die mentale Stärke, die ihm die Auseinandersetzung mit einer lebensbedrohnenden Krankheit bescherte, zurückzuführen ist, müsste man vor Neid und Ehrfurcht erblassen – mit Doping oder einer Frankenstein-Behandlung in der Onkologie könnten viele wohl besser leben… Beruht seine Symbiose mit dem Fahrrad einzig auf wissenschaftlicher Datenanalyse – oder wurde ihm beim Entfernen der Hirntumoren etwa ein Chip eingepflanzt? Die Tour de France spiegelt auch die Geschlechtsrollen des wirklichen Lebens: die wichtigsten Machtkämpfe tragen die Männer unter sich aus, die Frauen sind zuständig für’s Küsschen auf dem Podest; die Helden kriegen die besten Frauen und den Neid der Loser.

Es ist unglaublich – wie im Märchen: Der Drachentöter (der den Krebs besiegt hat) wird mit der Prinzessin belohnt (verkörpert durch Rockqueen Sheryl Crow)! Erhält er noch ein Königreich? Warten wir’s ab. Womöglich wird er Gouverneur von Texas oder gar Präsident! Ein Held ist er schon deshalb, weil er in seinen Büchern sachlich über Hodenkrebs und In Vitro Fertilisation schreibt («gewöhnliche» Männer erleben solches als Angriff auf ihre Männlichkeit) und weil er mit seiner Stiftung (LAF) die Krebsforschung vorantreibt und für viele KrebspatientInnen Vorbild ist. Ich freue mich auf sein nächstes Buch.

Mrz 29

Messen mit verschiedenen Ellen?

Leserbrief zu den umstrittenen Gerichtsurteilen (BGU, Verwaltungsgericht) bezüglich Nothilfe, Sozialhilfe

Wie Dora Andres und Bundesrichter Hungerbühler bin ich mit dem Bundesgerichtssurteil, das auch «Bösgläubigen» die Nothilfe gewähren will, unzufrieden. Wenn Asylsuchende gegenüber Schweizer Sozialhilfebezügern – denen bei fehlender Kooperationsbereitschaft die Sozialhilfe gekürzt wird – privilegiert werden, kann dieser Verstoss gegen das Gleichheitsprinzip gar Fremdenhass fördern. Zurecht haben Sozialdienste, Fraubrunner Statthalter und bernisches Verwaltungsgericht einem Schweizer Sozialhilfebezüger  die Übernahme der Kosten einer Hundeoperaton in einer Privatklinik verweigert, weil diese schon wegen des nicht eingeholten Kostenvorschusses nicht unter «Situationsbedingte Kosten» verrechnet werden konnten. Anmassende Anspruchshaltung wird bei Schweizern gerügt, bei Asylsuchenden wird sie mit religiösen Gutmensch – Argumenten schöngeredet. Naiven PolitikerInnen und RichterInnen würde ich einen Augenschein in den Discos empfehlen, um dort das Verhalten der «African Gigolos» zu beobachten, die durchaus mit den «Beach Boys» an den kenianischen  Stränden, die es auf reiche Touristinnen abgesehen haben, verglichen werden können. Der Gipfel der Naivität war die Aussage von Nationalrätin und Ethnologin Ruth-Gaby Vermont, junge afrikanische asylsuchende Männer würden sich auch in der Schweiz fast ausschliesslich mit jungen Afrikanerinnen paaren – wo doch so viele auf der Suche nach einer reichen Schweizer «sugar mama» sind und sich noch damit brüsten, sie hätten leichtes Spiel, denn Schweizer Männer seien Langweiler im Bett! Resultat meiner «Feldforschungen» beim Raggatanzen: Mir wurden von unzähligen jungen afrikanischen Asylsuchenden Heiratsanträge gemacht und unzählige solche mit Wegweiseverfügung wären gerne in meiner Loftwohnung untergetaucht! Es ist ebenfalls naiv, zu warnen, ein Nothilfestopp bei renitenten Asylsuchenden mit Ausreiseverfügung würde Frauen in die Prostitution und Männer in den Drogendeal drängen. Es könnte auch umgekehrt sein! «Dank» solch naiven Aussagen können abgewiesene Frauen leichter dealen. Eben gerade weil die Polizei Frauen diesbezüglich weniger verdächtig findet. Zu den Leserbriefen unter«Machtmissbrauch»: Als Schweizerin bin ich Opfer von Machtmissbrauch und Spin: Weil ich mich bei den Sozialdiensten in Münchenbuchsee darüber entsetzt hatte, dass eine kenianische Sozialhilfebezügerin auf ihren von der Fürsorge bezahlten Keniareisen Cannabis in die Schweiz schmuggelt (qualifizieter Verstoss gegen das Betäubungsmittelgesetz), wurde ich von derselben Behörde jahrelang als Whistleblower bekämpft und gemobbt; meine Grundrechte und meine Menschenwürde wurden mit Füssen getreten, das Recht wurde gebeugt und sogar die Kirche wurde gegen mich instrumentalisiert. Anstatt den von mir aufgedeckten Missständen nachzugehen, wurde ich wegen meinen Abenteuern mit farbigen Männern als Sünderin verfolgt, ungeschriebene Gesetze schienen wichtiger zu sein als geschriebene. Marianne Loosli, Urtenen;

Jan 18

Bürokratische Flutwelle

Leserbrief zu «Verwaltung tritt in eine neue Aera ein» vom 08.01.05 oder zu Tsunami

Ohne Obdach, ohne Familie – das habe ich auch erlebt – aber hier in der Schweiz!

Und zwar nicht durch eine Naturkatastrophe, sondern durch eine bedrohliche Welle struktureller Gewalt und eine erdrückende Papierflut von gelogenem Gedruckten. Und wie die indischen Witwen wurde ich gebeutelt durch Hausfrauen-Bashing.

Dez 26

Christmas is cancelled – Weihnachten fällt aus

Leserbrief zu «Schläge in der Heiligen Nacht» vom 23.12.04

In der Stressforschung rangiert «Weihnachtszeit» auf einer Skala mit Maximalwert 100 P mit 12 Punkten immerhin auf Platz 40 – kein Wunder also, kommt es in der Weihnachtszeit vermehrt zu Gewalteskalationen im familiären Kreis. Dies habe ich am eigenen Leib erfahren, und seither ist für mich Weihnachten abgeschafft.

Weihnachten ist ein religiöses Fest, jede Religion ist Hirnwäsche und stachelt den Geschlechterkampf und den materiellen Verteilkampf an! Fürsprecherin Claudia Fopp erwähnt als Ursache für häusliche Gewalt Abhängigkeitsverhältnisse und ungleiche Machtverhältnisse in der Partnerschaft. Weihnachten kann als Katalisator dieser ungleichen Machtverhältnisse wirken: Mütter werden in der Weihnachtszeit vermehrt an den Herd verwiesen, evangelistische Fundamentalisten haben Hochsaison und am mächtigsten sind& die, die Kinder mit teuren Geschenken bestechen können.

Mai 23

Frauenfängerei – Update 23.05.04

Es ist nicht fair, mir vorzuwerfen, dass ich – wie so viele Schweizer Frauen meiner Generation – vor der gesellschaftlichen Realität in den Siebzigern / Achtzigern kapitulierte, dass Frauen sich meist zwischen Karriere und Familie entscheiden mussten. Als ich 1976/77 in England unterrichtete, stellte ich fest, dass es berufstätige Mütter in England wegen der vorhandenen Kinderbetreuungs-Institutionen viel leichter haben. Ich hätte eine englische Vergleichsgruppe von Ehepaaren, die beide halbtags berufstätig sind und Kinderbetreuung und Hausarbeit teilen, finden sollen. Meine Kollegin fand in der Schweiz 10 solche «fifty-fifty»Paare, in England fanden sich schlicht keine solchen Paare, da doppelverdienende Eltern in der Regel familienexterne Kinderbetreuung nutzten.. Das Resultat der länderübergreifenden Proseminararbeit: Wie sich Eltern die Kinderbetreuung organisieren, ist stark abhängig von den politischen Gegebenheiten. Englische Soziologen unterscheiden zwischen «family-centered woman» (Familienzentrierte Frau) und «career-centered woman» (Karrierezentrierte Frau). Es ist eine Illusion, zu glauben, eine 40- oder 50jährige Frau könne plötzlich vom Hausmütterchen zum Karriereweib mutieren, bloss weil das politische Umfeld sich gewandelt hat. Die lange Familienphase wirkt sich in der Arbeitswelt als grosses Handicap aus. In einer Untersuchung, was Ehen stabil macht, stellte man fest: Einer der Hauptfaktoren, die Ehen stabil machen, ist (neben gemeinsamen Kindern und gemeinsamem Wohneigentum) die Tatsache, dass die Ehefrau während vieler Jahre nicht erwerbstätig war. Es ist nicht gerade eine romantische Vorstellung, dass vermutlich viele Frauen in einer «Versorgerehe» ausharren. Mein erster Ehemann hat mich  mit dem Argument, berufstätige Mütter hätten ihre Kinder nicht gern, zum Verzicht auf Karriere manipuliert. Mir wurde viel zu spät klar, dass er so leichter an meine Mitgift herankam (er manipulierte mich auch, quasi als Liebesbeweis auf Gütertrennung zu verzichten). Meine erste Ehe ging ich nach altem Eherecht ein, in dem es noch hiess «der Ehemann ist das Oberhaupt der Familie» und nach dem der Ehemann der Ehefrau sogar eine eigene Erwebstätigkeit verbieten konnte. Natürlich gibt es Männer, die ihre Ehefrau durch wirtschaftliche Abhängigkeit festnageln wollen, vor allem Männer mit kleinem Selbstwertgefühl, die glauben, eine Frau nur so halten zu können. Die SP ist für jene Frauen, die das Auslaufmodell des verantwortungsvollen Familienvaters durch die verantwortungsvolle Familienmutter ersetzen wollen, sicher die richtige Partei. Eine solche Frau verkörpert z.B. die ehemalige Gleichstellungsfrau und heutige Regierungsstatthalterin Regula Mader ( deren bisherige politische Tätigkeit ich respektiere). Dieses neue Weltbild bedeutet aber auch, dass diese Frauen den Staat als zuverlässigeren Partner betrachten als einen Mann aus Fleisch und Blut, dass Männer sehr viel Macht abgeben müssen, und dass die moderne Beziehung zwischen den Geschlechtern durch sehr viel Rivalität geprägt wird.

Mai 22

Schwachstellen im Fürsorge- und Vormundschaftswesen?

Burgdorfer Tagblatt April 1998

Objektivität und Entscheide fern jeder Ideologie werden im Bereich Fürsorge / Vormundschaft wohl angestrebt, aber immer wieder tauchen brisante Fälle in der Presse auf, die Fragen zur Kompetenz der Gemeindebehörden in diesem Bereich aufwerfen.

Als der Aefliger Gemeinderat Urs Pauli sich nicht scheute, der Presse mitzuteilen, welche Fürsorgeleistung eine Asylantenfamilie bezog, meldeten sich kritische Stimmen, Pauli habe seine Schweigepflicht verletzt. Pauli macht keinen Hehl aus der Tatsache, dass er im Clinch mit dem kantonalen Fürsorgeamt steht, und dies bescherte ihm sogar ein gutes Wahlresultat. Um Pauli ist es nun wieder ruhiger geworden, dafür berichtete die «Berner Zeitung» kürzlich über den «Ferrari-Fall»: der Fürsorgevorsteher der Gemeinde Heimberg wurde wegen seiner indiskreten Äusserungen über einen Fürsorgebezüger wegen Amtsgeheimnisverletzung gebüsst.

Kinder in Ausschaffungshaft? In der Gemeinde Lützelflüh wagte ein Gemeinderat die leichtfertige Äusserung, er hoffe, dass die siebenköpfige Asylantenfamilie Gashi in Ausschaffungshaft genommen werde («Burgdorfer Tagblatt» vom 17. März). Es ist nicht verwunderlich, dass dieser Gemeinderat nicht namentlich genannt sein wollte, denn diese Härte macht stutzig: Können Kinder tatsächlich in Ausschaffungshaft gesteckt werden?

Dazu Kurt Jaggi, Vorsteher des kantonalen Fürsorgeamtes: «Nach gesetzlicher Grundlage ist es nicht möglich, Kinder unter 15 Jahren in Ausschaffungshaft zu nehmen! (Bundesgesetz über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer, Art. 13c, Abs. 3.)» Mit seiner Äusserung ist der Gemeinderat aus Lützelflüh eindeutig in ein Fettnäpfchen getreten. Für grosses Aufsehen sorgte ein Artikel im «Beobachter» über die Tragödie eines erwachsenen Sohnes, der in der Villa seiner reichen und einflussreichen Mutter in totaler Isolation dahinvegetierte. Das Vormundschaftsamt Biel geriet deswegen arg unter Beschuss. Dieser Fall war spektakulär genug, um als «sda»- Meldung weitergeleitet zu werden.

Extremfälle Es kam sogar schon zu tragischen Todesfällen, weil die Behörden schlicht überfordert waren: in Wohlen bei Bern wurde ein Sozialarbeiter von einem verärgerten Asylbewerber erschossen. In Zürich wurde das Baby einer drogensüchtigen Frau verhungert in deren Wohnung aufgefunden, obschon diese Mutter einen Beistand hatte. In Bern wurde eine 19jährige Kurdin von ihrem fun-damentalistischen Vater erstochen, obschon die Behörden von dessen Morddrohungen wussten.

Ideologischer Machtmissbrauch Im Laufe der Geschichte kam es immer wieder zu ideologischem Machtmissbrauch im Bereich Fürsorge/Vormundschaft. Kaum jemand wird bestreiten, dass bei den Hexen- und Ketzerverfolgungen Ideologie im Spiel war. Das neue Buch von Eveline Hasler «die Vogelmacherin» bringt an den Tag, dass sogar Kinder als Hexenkinder verfolgt wurden! Wenn die Missstände weit weg von der Gegenwart liegen, fällt eine kritische Betrachtungsweise nicht besonders schwer. Der Zynismus «Zustände wie zu Gotthelfs Zeiten» ist weit verbreitet, allgemein entsetzt man sich etwa über die Schicksale der armen Verdingkinder. Je näher die Missstände aber bei der Gegenwart liegen, um so schwerer tut man sich mit Kritik. Der Begriff «Administrativjustiz» des Dichters C. A. Loosli (1877-1959) hat wenig Furore gemacht. Als uneheliches Kind machte Loosli einschlägige Erfahrungen mit seinem Sumiswalder Vormund und diversen «Anstalten» (u.a. die Zwangserziehungsanstalt Trachselwald). Die Lektüre seiner sozialkritischen Schriften ist leider immer noch ein Geheimtip. Auf die Tatsache, dass Bundesrat von Steiger veranlasste, den jüdischen Flüchtlingskindern während des zweiten Weltkrieges ein «J» in den Pass zu stempeln, um die Schweiz vor der «Verjudung» zu schützen, darauf ist gewiss niemand stolz, es wurde auch lange versucht, diese Tatsache zu vertuschen.

Verfolgung der Jenischen Dasselbe gilt für die Aktion «Hilfswerk für die Kinder der Landstrasse», in der den Jenischen die Kinder entrissen, unter Vormundschaft gestellt und in Pflegefamilien, Heime oder psychiatrische Kliniken gesteckt wurden. Diese haarsträubende Aktion wurde von Behörden, Pro Juventute und Psychiatrie durchgeführt und nachträglich wurde auch hier versucht, alles zu vertuschen. Der Hartnäckigkeit des «Beobachters» und der Schriftstellerin Mariella Mehr (selbst Opfer der Aktion) ist es zu verdanken, dass eine historische Aufarbeitung eingeleitet wurde. Ein entsprechender Historikerbericht wurde soeben vorgelegt.

Noch vor zehn Jahren wurde bei der Erziehungsberatung in Bern behauptet, Behörden hätten nie etwas mit dem «Hilfswerk» zu tun gehabt. Auf Anfrage beim Rechtsdienst der Erziehungsdirektion (der die Erziehungsberatung unterstellt ist) wird erneut versucht, die ganze Verantwortung für das Hilfswerk auf die Pro Juventute zu schieben. Erst nach einem Verweis auf den Historikerbericht wird diese Aussage relativiert. Der nicht namentlich genannt sein wollende Jurist bezweifelt zuerst, dass auch der Kinder- und Jugendpsychiatrische Dienst der Uni Bern oder die Kantonale Erziehungsberatung Bern Gefälligkeitsgutachten für die Aktion Kinder der Landstrasse gemacht haben könnten, renkt dann aber ein, es bestünden keine wissenschaftlichen Daten zu diesem Thema.

Die drei Zürcher Historiker kritisieren in ihrer Studie über das Hilfswerk, nicht das Kindswohl sei im Zentrum der Massnahmen gestanden, sondern «das gesellschaftspolitische Ziel, eine nicht genehme Lebensweise zu zerstören». Wenn man bedenkt, dass das «Liebeswerk» erst 1973 gestoppt wurde, darf man sich zurecht fragen, ob gesellschaftspolitisch motivierte Kindesschutzmassnahmen auch heute noch möglich sind.

Heikler vormundschaftlicher Kindesschutz Die Befugnisse der Vormundschaftsbehörden, sich in die Erziehung der Kinder einzumischen, ist auch heute noch beträchtlich. Folgende Instrumente stehen nach ZGB zur Verfügung: Erziehungsaufsicht, Beistandschaft, Obhutsentzug bis hin zum Entzug der elterlichen Gewalt. Gegen eine sogenannte Kindesschutzmassnahme kann beim Regierungsstatthalter Beschwerde geführt werden, was aber oft ein langwieriges Verfahren nach sich zieht.

Kindesschutzmassnahmen sind nach wie vor eine heikle Angelegenheit, denn die politische Verantwortung für Verfügungen der zuständigen Sozialdienste  trägt die Vormundschaftskommission. Die Gemeinderäte und Gemeinderätinnen der Vormundschaftskommission brauchen nicht über eine pädagogische Ausbildung zu verfügen. Ihr persönlicher Erfahrungshintergrund, ihre politische und moralische Einstellung wird somit ihre Entscheide mitprägen. Zudem gewähren Ausdrücke wie «Wohl des Kindes» und «Unzumutbarkeit» einen riesigen Ermessensspielraum. Im Asylwesen ist der Missbrauch ein politisches Dauerthema, es gilt, die Tricks zu bekämpfen, mit denen die Behörden hinsichtlich Asylgewährung benutzt werden; der Nationalrat hat einen entsprechenden Dringlichkeitsbeschluss bereits gutgeheissen. Auch im Projekt «Integrale Ueberprüfung des Fürsorgewesens und neue Perspektiven» wird der Missbrauch behandelt. Der Mechanismus des Missbrauchs ist bei Kindesschutzmassnahmen ebenfalls möglich: Es ist ein leichtes, herauszufinden, welche Argumente bei den Vormundschaftsbehörden gerade ankommen. Es ist auch nicht schwierig, Kindern einzuhämmern, was sie bei den Behörden zu sagen haben. Wie die Aussagen der Kinder bewertet werden, wird der Willkür der Vormundschaftsbehörden überlassen: beim «Liebeswerk» wurde der meist herzzerreissende Protest der Kinder nicht gewürdigt, andererseits ist es durchaus möglich, eine Kindesschutzmassnahme allein mit den Aussagen der Kinder zu rechtfertigen, ohne nachzuforschen, ob jemand aus dem Umfeld aufgrund eigennütziger Motive die Kinder manipuliert haben könnte. Die pädagogische Psychologie kann wissenschaftlich belegen, dass das Schulsystem einer Nation die politischen Machtverhältnisse einer Nation widerspiegelt. Zum Beispiel wird es in vielen Ländern als richtig angesehen, dass Kinder mit 2 bis 3 Jahren in den Kindergarten eintreten, mit 5 Jahren eingeschult werden und eine Schuluniform tragen. Auch auf Gemeindeebene ist bei der Thematik «richtige Erziehung» Ideologie im Spiel. Dass die Gemüter sich gerade bei Erziehungs- und Schulfragen besonders erregen und dass die Stimmbeteiligung ausgerechnet bei solchen Fragen sehr hoch ist, dafür gibt es genügend aktuelle Beispiele: der erbitterte (und erfolglose) Kampf um eine Kindertagesstätte in Münchenbuchsee und der nicht weniger erbitterte, aber ebenfalls erfolglose Kampf um die Erweiterung des Schlossmattschulhauses in Burgdorf. In Moosseedorf kam es anlässlich der Wahl der neuen Schulsekretärin gar zu 3 Rücktitten aus der Schulkommission.

Befugnis Kinderalimente Die Vormundschaftsbehörde ist befugt, Kinderalimente zu bevorschussen. Laut Marco Zingaro, stellvertretender Vorsteher des Kantonalen Jugendamtes, ist sie aber nicht befugt, gerichtlich festgelegte Alimente abzuändern, ausser sie würde dies mit Einverständnis beider Elternteile neu verfügen. Beim Untersuchungsrichteramt Emmental – Oberaargau ist eine Strafanzeige wegen Vernachlässigung  Unterstützungspflichten hängig, und zwar gegen einen geschiedenen Vater, der bei der VB seiner Wohnsitzgemeinde einen Obhutsentzug beantragt hatte. Brisantes Detail: Der jüngere Sohn lebt seit bald zwei Jahren auf dem Bauernhof der verwitweten Ex-Schwiegermutter in einer anderen Gemeinde, ohne Pflegevertrag. Eine Anfrage bei der Einwohnerkontrolle der Wohnsitzgemeinde des Vaters ergibt: das 10jährige Kind sei in der Gemeinde der Grossmutter Wochenaufenthalter. Dies ist eine politisch unkorrekte Auskunft: die Plazierung eines 10jährigen Kindes bei der Grossmutter unterliegt der Bewilligungspflicht für Pflegekinder, wie sie das Kantonale Jugendamt regelmässig in den Amtsanzeigern publiziert.

Bewilligungspflicht für Pflegekinder Ausnahmen von dieser Bewilligungspflicht gibt es laut Marco Zingaro ausschliesslich im Asylbe-reich. Insbesondere gilt diese Bewilligungspflicht auch für Grosseltern, und zwar ausdrücklich vor der Aufnahme des Kindes. Die Formulierung «vor der Aufnahme» kommt nicht von ungefähr, denn Kinder gewöhnen sich schnell an ein neues Umfeld, und es gilt zu verhindern, dass eine Umplazierung  erzwängt wird, indem  Kinder vorgängig verwöhnt und dahingehend beeinflusst werden, das angestammte Umfeld bei den Behörden als unzumutbar zu bezeichnen. Trotz klaren gesetzlichen Bestimmungen kommt es in diesem Bereich immer wieder zu Missbräuchen. Eine finanzielle Genugtuung kann aber niemals für das Seelenleid entschädigen, das ein unverhältnismässiger Obhutsentzug angerichtet hat! So eine verbitterte Mutter im «Beobachter» Das Prinzip der Verhältnismässigkeit  wird  gerade bei pubertierenden Kindern schnell verletzt – wieviel Zoff mit den Eltern oder dem erziehungsberechtigten Elternteil ist in der Pubertät eigentlich «normal»?

Sonderfall Scheidungskinder Scheidungskinder erhalten von den Behörden zwangsläufig eine besondere Aufmerksamkeit. Viele Scheidungsrichter erkundigen sich bei der zuständigen Vormundschaftsbehörde, und diese kann das Errichten einer Erziehungsbeistandschaft verlangen. Es kann durchaus vorkommen, dass Personen über Scheidungskinder entscheiden, die eine Scheidung für moralisch verwerflich halten. Diese Haltung wird die Entscheide beeinflussen und wird auch den Kindern nicht entgehen. Im Emmental ist die Meinung noch verbreitet, eine geschiedene Mutter erhaltene automatisch einen Beistand, eine solche gesetzliche Pflicht gibt es nicht, aber in einem konservativen Umfeld wird vermutlich häufiger eine Kontrolle durch einen Beistand gewünscht. Im Berner Projekt «Frauenlos – der Rundgang zum Jubeljahr» wird darauf hingewiesen, dass die Geschlechtsbeistandschaft erst 1847 abgeschafft wurde – zuvor benötigten alle mündigen unverheirateten Frauen (damals vorwiegend Ledige und Witwen) einen Beistand.

Leider gibt es keine historische Untersuchung zur Erziehungsbeistandschaft, so dass nachgeforscht werden könnte, ob gewisse Komponenten der abgeschafften Geschlechtsbeistandschaft im Kleid der Erziehungsbeistandschaft weitergeführt wurden.

Leider kommt es immer wieder vor, dass die gemeinsamen Kinder zum Zankapfel unter geschiedenen Eltern werden. Am spektakulärsten sind die Kindesentführungen ins Ausland durch getrenntlebende oder geschiedene Väter. Das Kreisgericht Belp bestrafte im vergangenen Februar einen Vater wegen Kindesentführung, gewährte ihm andererseits trotzdem das Sorgerecht, weil die Mutter für das Kind eine fremde Frau geworden war. Wenn der verlassene Elternteil in einen Scheidungsschock verfällt, neigen die Kinder nicht selten dazu, diesen Teil zu bemitleiden. Wenn beide Elternteile eine stabile neue Partnerschaft eingehen, werden die Kinder weniger durch die emotionalen Probleme ihrer Eltern belastet. Es ist durchaus möglich, dass Kinder die Trennung ihrer Eltern mit positiven Veränderungen und neuen Entwicklungsmöglichkeiten assoziieren. Die Scheidungssituation kann bei den Kindern die eigene Entwicklung beschleunigen und Eigenschaften wie Toleranz und Flexibilität fördern. So erlebte beispielsweise die Tochter des berühmten «Joop!» die Scheidung und die neu eingegangen Partnerschaften ihrer Eltern positiv. Leider wird eine Scheidung landläufig ausschliesslich mit (dem selbstverständlich dazugehörenden) Schmerz assoziiert. Ausserordentlich komplex wird die Scheidungssituation, wenn noch traumatische Ereignisse wie zum Beispiel ein Todesfall dazukommen. In solchen Fällen neigen Kinder eher dazu, sich an das Vertraute zu klammern und sich gegen jede weitere Veränderung (wie zum Beispiel einen Umzug) zu sträuben. In Oberburg hat die Vormundschaftsbehörde nach dem Tod der sorgeberechtigten Mutter die Grosseltern als Pflegeeltern eingesetzt ohne den Vater anzuhören – ein Entscheid der später vor Gericht als nichtig erklärt wurde. Dem neu verheirateten Vater wurde das Sorgerecht zugesprochen, aber das Urteil hat bisher immer noch nicht vollstreckt werden können, die beiden Kinder leben weiterhin bei den Grosseltern in Oberburg,  gehen dort zur Schule und verbringen bloss die Wochenenden beim Vater in einer anderen Gemeinde.

Ein Artikel in der «Berner Zeitung» über einen erfolglosen Vollstreckungsversuch an Weihnachten hat sehr viel Aufsehen erregt. Die Vormundschaftsbehörde Oberburg akzeptiert zwar das Gerichtsurteil, fühlt sich aber nicht mitverantwortlich dafür, dass es nicht vollstreckt werden kann; ein Lehrer versucht zu vermitteln. Für Regierungsstatthalter Franz Haussener ist die Angelegenheit «nicht ordnungsgemäss erledigt», solange das Urteil nicht vollstreckt ist.

Apr 30

Bezirksreform

Dass die Bezirksreform im Grossrat harte Kämpfe auslöste, verwundert mich keineswegs. Für heisse Köpfe sorgte vor allem die Reduktion der Regierungsstatthalterämter. Dass das Modell mit höchstens 8 Statthaltern gesiegt hat, freut mich. Beim Amt des Regierungsstatthalters kommt viel Macht zusammen, was die Gefahr von Machtmissbrauch und Vetternwirtschaft in sich birgt – im Extremfall bedeutet dies vielleicht sogar Korruption, Begünstigung und Anwenden von sogenannten «ungeschriebenen Gesetzen», die es in ländlichen Gegenden leider oft noch gibt (Beispiele: Aktion Kinder der Landstrasse, Fall von Lüthiwil) Bei meiner wilden Kandidatur vor einem Jahr hatte ich auch den Hintergedanken, die Bezirksreform veranzutreiben.

Durch Gesetzesreformen im Familienrecht werden die Aufgaben des Statthalters erweitert (neues Scheidungsrecht / häusliche Gewalt als Offizialdelikt). Auf dem Land herrscht unterschwellig noch oft so etwas wie ein christlich-fundamentalistisches Familienbild mit Scheidungs- und Wiederverheiratungsverbot . Durch Verzögern, Hinundherschieben der Verantwortung zwischen Vormundschaftsbehörde, Statthalter und Gericht kann die (im neuen Scheidungsrecht zwar abgeschaffte) Schuldfrage indirekt über die Kinder – d. h. durch deren Anhörung – wieder eingeführt werden.

Der Seftiger Statthalter bezeichnet den Statthalter als ständigen Krisenmanager, bei Familiendramen benötigt dies aber extrem viel Fingerspitzengefühl – und gerade in diesem Bereich haben viele Statthalter beim Krisenmanagment selbst eine Krise; in vielen Fällen wurden die Konflikte verschärft, Proeskalation statt Deeskalation betrieben, gelegentlich gar mit Toten, Verletzten oder Kollateralschäden. Die Gegner der Bezirksreform führten an, das bisherige System habe sich gut bewährt – gerade fürs Familien-Krisenmanagement trifft dies nicht zu – Schreibtischentscheide sind in solchen Fällen vielleicht weniger gefährlich als der Entscheid eines zu bürgernahen Statthalters, der sich in den Strudel einer bestehenden Eigendynamik einziehen lässt, weil er den einen oder andern der Beteiligten zu gut kennt. Im Fall von Lüthiwil im Emmental (1906) war der Statthalter gar am Vertuschen eines Mordes beteiligt (ein reicher Bauernsohn hatte ein armes Verdingmädchen geschwängert und umgebracht)

Zur Verteidigung  der heutigen 26 Regierungsstatthalterämter wurde angeführt, die Statthalter seien für Gemeindebehörden ein wichtiger Ansprechpartner – was aber wenn diverse Gemeindevertreter (so geschehen im Amt Fraubrunnen) den Statthalter kritisieren? Wenn der Statthalter sich als König gebärdet, wird er erst recht zementieren, denn für ihn stimmt dann die Hierarchie nicht mehr, wenn er von seinen Untertanen Kritik einstecken muss. Bei meiner Anmeldung als wilde Statthalterkandidatin stellte ich fest, dass der Statthalter oft gefürchtet wird, einige BürgerInnen sind gar der Meinung, den dürfe man nicht kritisieren, weil man sonst mit einem FFE entsorgt werden könnte. Die Nachteile vieler verschiedener ländlicher Obrigkeiten kann man bereits bei Kleist und Keller nachlesen.

Leserbrief zu «Bezirksreform» (Bund 24. – 30. 4.2004)

Apr 25

Referat zu Rechtsextremismus in Münchenbuchsee

Münchenbuchsee April 2001

Grossandrang und explosive Stimmung herrschten letzten Mittwoch beim Referat des Rechtsextre-mismus-Spezialisten Hans Stutz im Kirchgemeindehaus.

Das GGG-Fon (Gemeinsam gegen Gewalt und Rassismus) hattte den Fachreferenten eingeladen. Die rechtsextreme Szene war gut vertreten, sogar durch die «Avalon»-Mitglieder Roger Wüthrich und Ahmed Huber. Einbrisanter Schlagabtausch war vorprogrammiert, denn die links-extreme Szene markierte ebenfalls Präsenz.

Gemeindepräsident Walter Bandi versuchte wie immer, die Situation zu verharmlosen und liess sich gerne auf jedes Ablenkungsmanöver ein. Z.B. auf das Argument, dass für den Vandalismus beim Bahnhof ausschliessslich die Linksextremen verantwortlich seien. Patricia Vökt (GFL) musste korrigieren, dass die Anstellung eines zusätzlichen Polizisten nicht das Verdienst des Gemeindepräsidenten sei, sondern dass dies in einer Motion gefordert worden war.

Auf die Aufforderung, jede Form von Gewalt und Rechtsextremismus dem GGG-Fon zu melden erwiderte eine junge Frau «Mit einer Anzeige schaufelt man sich das eigene Grab». Der Referent führte aus, Einzelpersonen, die sich gegen Rechtsextremismus wehrten, würden in der Regel verheizt.

Wie man als Einzelkämpferin verheizt wird, illustrierte eine ehemalige Buchserin, die sich auf vorgeführtes Material mit dem Slogan «Rassenmischung ist Völkermord» bezog: die VB Müchenbuchsee hätte ihr die Obhut über ihre Kinder entzogen, als sie einen farbigen Freund hatte, und wenn sie als ehemalige «Bund» Mitarbeiterin darüber berichten wolle, werde sie als «Boulevardjournalistin» bezeichnet. Obschon Walter Bandie an der Vertuschumg dieses falles beteiligt ist, fordert er, das Schweigen müsse durchbrochen werden.

Das vorgeführte schockierende Material aus der rechtsextremen Szene verstösst gesamthaft gegen den Rassendiskriminierungsartikel 261bis. Hans Stutz erwähnte, Roger Wüthrich hätte einen Freiraum verlangt, in dem dieser Artikel nicht gelte.

Positivster Punkt des Abends war die ausführliche Information über Organisation, Gruppierungen und Publikationen der rechtsextremen Szene. Wer sich weiter informieren will: Hans Stutz publiziert «Rassistische Vorfälle in der Schweiz» und «Klartext».

Mrz 25

Vorsicht: Frauenfängerei der SP!

In der letzten Ausgabe appellierte André Hubacher an die Frauen, an den kommenden Gemeindewahlen teilzunehmen. Ich – die wilde Urtener Statthalterkandidatin von 2003 – wollte mich bei den letzten Gemeindewahlen zur Verfügung stellen.

Indes: der Urtener SP-Präsident verbot mir dies, weil in der BZ veröffentlicht worden war, dass meine Rechtsverzögerungsbeschwerde gegen den Fraubrunner Regierungsstatthalter (Vorstandsmitglied SP Urtenen) gutgeheissen worden war. Und SP-Vorstandsmitglied Hansjürg Kleine zensurierte als Geschäftsleiter der «Grauholz Post» einen brisanten Artikel von mir.

In einem Porträt des amtierenden Statthalters in der «Berner Rundschau» verdrehte mir der sich so frauenfreundlich gebende Amtsinhaber die Worte im Mund: so soll ich gesagt haben, die SP sei frauenfeindlich (so etwas Blödes würde ich nie behaupten!) Ich hatte gesagt, er sei frauenfeindlich.

Ich präzisiere: Dank Ihres Images ist die SP die ideale Partei für sogenannte Tarnkappen- Machos! (Uebrigens auch für Tarnkappen-AbzockerInnen wie die Leiterin des Anwältinnenbüros).

Den Beweis für sein Machogehabe lieferte der Amtsinhaber im Interview gerade selbst: er war so grosszügig, für mich zu denken: er zweifelte daran, dass mein Wechsel ins bürgerliche Lager ernst gemeint war. Diesen Wechsel vollzog ich selbstredend mit meinem Eintritt in den Hauseigentümerverband. Nachdem ich bereits mehrmals öffentlich an der Seite von Hermann Weyeneth aufgetreten bin, hat wohl auch er kapiert, dass ich eine Bürgerliche bin.

Viele linken Politiker sind raffiniert genug, sich im Wahlkampf die Frauenstimmen zu sichern – so der charmante grüne Berner Statthalter Alec von Graffenried, der dank seiner Allianz mit der Gleichstellungsfrau Regula Mader gewählt wurde – wer käme da schon auf die Idee, dass er ein verkappter Macho ist?

Der neue SP- Präsident Hans-Jürg Fehr redete sich in die Herzen der Frauen. In einem Interview in der «Weltwoche» beschrieb er den typischen SP-Gegner als egoistischen materialistischen Macho.

Die SozialdemokratInnen waren sogar so «fair», meinen Mann gegen mich aufzuhetzen: mir wurde gar vorgeworfen, dass ich in meiner ersten Ehe 13 Jahre lang Hausfrau und Mutter gewesen war, anstatt dem Doppelverdienertum zu frönen, wie es die SP propagiert; dass ich mir wünschte, auch in meiner zweiten Ehe noch mal Kinder zu haben und nach traditonellem Muster zu leben, fand man jenseits von Gut und Böse! Für mich ist Kindererziehung Privatsache. Ich bin gegen die Mutterschaftsversicherung, ich hätte keine Lust, ein Kleinkind in einer Kinderkrippe abzuliefern.

Mein 13 Jahre jüngerer Gatte wurde mir von den coolen linken Frauen genauso missgönnt wie von bürgerlichen – bin ich die einzige Frau, die moralische Gleichstellung fordert? Es ist gesellschaftlich akzeptiert, dass Männer sich mit jungen Frauen verjüngen – «antiageing» mit jungen Männern ist aber nur den Divas erlaubt!

Die weibliche Solidarität wird leider durch den Neid im weiblichen «Schönheitswettbewerb» und im Konkurrenzkampf um die Gunst der Männer schwer behindert. Raffinierte Politiker nützen diese Zickigkeit aus.

Die aktuelle Frauenpolitik der SP konzentriert sich aufs Erwerbsleben und diskriminiert Hausfrauen. Wenn Christine Goll am Frauentag behauptete, das Steuerpaket diskriminiere Frauen, ist dies undifferenziert, am meisten profitieren vom Steuerpaket nämlich traditionelle Familien mit einem Ernährer ohne Fremdbetreuung für die Kinder, Hausfrauen werden also nicht diskriminiert.

Die Annahme der von Frauen initierten und von der SP arg bekämpften Verwahrungsinitiative zeigte, dass es auch Frauen gibt, die den von der SP so verehrten «service public» nicht so toll finden.

Vorgesehen für Am Moossee März 2004